Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will im geplanten Wehrdienstgesetz auch eine Wehrpflicht verankern, die greift, wenn es zu wenige Freiwillige gibt. Pistorius sprach dabei von einer “Teilverpflichtung von Teiljahrgängen”.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will im geplanten Wehrdienstgesetz auch eine Wehrpflicht verankern, die greift, wenn es zu wenige Freiwillige gibt. Pistorius sprach dabei von einer “Teilverpflichtung von Teiljahrgängen”.
§2 Wehrpflichtgesetz sagt die Wehrpflicht gibt es nur im Spannungs- oder Verteidigungsfall. Ich weiß nicht ob der Verteidigungsminister einfach so einen Spannungsfall ausrufen kann. Alternativ müsste der Paragraf geändert werden, das kann auch nur der Bundestag.
Der Spannungsfall wird vom Bundestag festgestellt (Art. 80a GG). Der V-Fall auch(Art. 115a GG), aber dabei ist eine Alternative vorgesehen, falls das nicht möglich ist. Gemeint ist damit natürlich, falls ein russischer Überraschungsangriff den Bundestag in einen radioaktiven Krater verwandelt hat.
Das ist aber auch wirklich ein dummer Paragraph, um ehrlich zu sein. Nehmen wir mal an, man würde den jetzt feststellen und wir hätten eine geographische Lage wie Finnland – dann stellt man fest “oh, wir haben ca. ein halbes Jahr Zeit, um eine Million Soldaten auszubilden, und die Infrastruktur dafür müssen wir übrigens auch schaffen und Material haben wir auch nicht”. Die Schweiz z.B. hat das auch verstanden, und die sind sogar in einer besseren Lage als wir, aber das liegt eben auch daran, dass jedes Land weiß, dass die Schweiz eben auf den Verteidigungsfall vorbereitet ist.
Ja. Der Sinn hinter einer Wehrpflicht ist es ja, eine relativ schnell verfügbare Reserve von Leuten aufzubauen, die im Notfall wenigstens schon ihre Grundausbildung haben, um Ausbildungszeit zu sparen. Denn mit der Ausbildung kann man nicht erst anfangen, wenn der Spannungsfall offiziel festgestellt und beschlossen is, dann ist es zu spät, nicht zuletzt, weil man zuerst nicht vorhandene Infrastruktur aufbauen muss. Außerdem weiß ein potenzieller Gegner, dass ab der Feststellung des Spannungsfalls die Uhr tickt und könnte dadurch zu einem früheren Angriff (oder wenigstens Sabotageakten an der neu aufzubauenden Infrastruktur) motiviert werden, um die bekannte aktuelle Schwäche auszunutzen und eine breite Mobilisierung zu verhindern. (Das könnte im schlimmsten Fall einen ähnlichen Dominoeffekt zur Folge haben, wie die Mobilmachungen in verschiedenen Ländern im Vorfeld des 1. Weltkriegs, die praktisch als automatische Konsequenz Kriegserklärungen der jeweiligen Gegner zur Folge hatte, weil alle Beteiligten grob über die Vorlaufzeit zwischen Mobilmachung und Angriff der jeweils anderen Seite Bescheid wussten und der jeweiligen Gegenseite zuvorkommen wollten)
Nur die Infrastruktur zur massenhaften Ausbildung von Rektruten im Spannungsfall vorhalten funktioniert auch nicht wirklich, denn jede Infrastruktur, die nicht genutzt wird (bei regelmäßiger Nutzung fallen Schäden frühzeitig auf, Nutzung beinhaltet auch Pflege und Instandsetzung), verfällt unweigerlich. Außerdem hat diese Infrastruktur auch eine menschliche Komponente in der Form von Ausbildern, Führungskräften und Fachleuten für Aufgaben, die zu komplex für frische Rekruten sind (z.B. Instandsetzung von Ausrüstung), die verlieren ihre Routine, wenn sie das nicht regelmäßig machen.
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